02. 1&1: Händler fordern Recht auf Vertragsverlängerungen - 05.08.2016

Die ganz große Fachhandelsmarke war 1&1 noch nie – und ob sie jemals eine werden wird, darf getrost bezweifelt werden. Und dennoch: „Man kommt an der Vermarktung einfach nicht vorbei“, gibt ein Fachhändler aus Ostwestfalen gegenüber Telecom Handel die Stimmung ­unter den Vertriebspartnern wieder.Die Kunden seien seiner Ansicht nach heute so preissensibel, dass man „fast keine anderen Tarife mehr anbieten“ könne. Und der Anbieter sei mit seiner Werbung in Fernsehen, Internet und auch in Print-Medien so präsent, dass einerseits eine hohe Nachfrage seitens der Kundschaft generiert würde und sich andererseits auch bestimmte Preisvorstellungen festigten, die der Händler dann am Point of Sale befriedigen müsse.

Zwei Mal wurden die Provisionen gekürzt

Solange die Provisionierung stimmt, freuen sich die Reseller über solche Frequenzbringer, doch genau hier gab es in der Vergangenheit Misstöne zwischen dem Anbieter und den Handelspartnern. Bereits zum 1. Oktober 2014 seien die Mobilfunk-Provisionen um rund 50 Prozent gekürzt worden, im Juli 2015 ging es dann noch einmal nach unten, berichten mehrere Händler.

Und auch bei der Festnetzvermarktung mussten 1&1-Reseller Einbußen hinnehmen. So fielen die Auszahlungen zu Beginn des Jahres ebenfalls geringer­ aus als zuvor. Jedoch: Der Beratungsaufwand blieb über all die Zeit selbstverständlich gleich, die Händler mussten also mehr und länger fürs selbe Geld arbeiten. „Damit waren wir natürlich alles andere als zufrieden, einige Händlerkollegen mussten deshalb sogar Personal entlassen“, erzählt Knut Warneck, Inhaber von DSL-City-Shop.de in Esslingen am Neckar. Und auch Carsten Brandt vom My-extra Shop Fritzlar macht seinem Ärger Luft: „Stellenweise bekam man nur noch zehn Euro für einen Abschluss, das war einfach viel zu wenig.“

Zum 1. Juli hat man bei 1&1 nun wohl die Klagen erhört und die Provisionen wieder angehoben – wenn auch nicht ganz auf das vorherige Niveau. Für Shop-Betreiber wie Knut Warneck war diese Angleichung jedoch überlebenswichtig, denn er vermarktet nach eigener Aussage zu rund achtzig Prozent 1&1, nicht zuletzt aufgrund der hohen Nachfrage der Kundschaft. Da sein Ladengeschäft auch nach außen hin deutlich als Verkaufsstelle von 1&1 zu erkennen ist, bekommt er zudem „viele Service-Fälle von anderen Kunden, die woanders ihren Vertrag abgeschlossen haben“. Grundsätzlich würde er es deshalb begrüßen, wenn es eine Einstiegshürde für den Status des Premium-Partners gäbe.

Händler fordern Recht auf VVL

So sehr die Provisionsanpassung auch begrüßt wird: Noch weitaus drängender ist laut Angaben der 1&1-Verkäufer offenbar das Problem, dass der Handel von der Verlängerung der Verträge komplett ausgeschlossen ist. „Früher konnte man wenigstens noch im Festnetzbereich VVL vornehmen, aber seit einiger Zeit geht auch das nicht mehr. Wir dürfen die Kunden für 1&1 ranschaffen, danach haben wir aber keinerlei Zugriff mehr“, beschwert sich der Händler aus Ostwestfalen. „Ohne dieses Grundrauschen fehlt uns eine wichtige Einnahmequelle. Ich kenne etliche Reseller, die 1&1 deswegen komplett den Rücken gekehrt haben“, sagt Händler Warneck.

Carsten Brandt ist ebenfalls wenig begeistert von der fehlenden VVL-Möglichkeit, relativiert jedoch: „Das Thema VVL ist natürlich sehr wichtig, aber im Grunde ist der Unterschied zu den anderen Anbietern gar nicht so groß. Es kommt mittlerweile so häufig vor, dass die Hotlines unsere Kunden weit vorab kontaktieren und die Vertragsverlängerung durchführen.“

Für den Handel bleibt nach der aufwendigen Akquise also außer der Abschluss-Provision nichts übrig, der Kunde ist anschließend für ihn verloren. Negativ angekreidet wird 1&1 von den Händlern auch die gängige Praxis des Anbieters, den Kunden per Post oder Mail beispielsweise Partnerkarten zu offerieren und diesen Schreiben ein Angebot beizufügen, selbst 1&1-Profiseller zu werden. Mit jedem Vertragsabschluss schafft sich der Händler also einen potenziellen Konkurrenten, der anschließend im Bekannten- und Familienkreis auf Kundenfang geht.

Etliche Händler beraten 1&1-Kunden um

So mancher Händler zieht daraus die Konsequenz, dass er den 1&1-Kunden rechtzeitig vor einer anstehenden Vertragsverlängerung kontaktiert, um ihn auf andere Anbieter umzuberaten – was kaum im Sinne von 1&1 sein dürfte. Allerdings ist es aufgrund der aggressiven Preise von 1&1 vergleichsweise schwer, die Kunden von den zumeist teureren Konkurrenzangeboten zu überzeugen. Da ein einzelner Shop-Betreiber kaum Einfluss auf 1&1 ausüben kann, hatte Knut Warneck in diesem Jahr bereits versucht, einen Händlerbeirat der Premium-Partner ins Leben zu rufen, „um die Erfahrungen vor Ort und die speziellen Anforderungen im Fachhandel bei 1&1 mit einzubringen“. Laut Warneck wären auch andere Händlerkollegen interessiert gewesen, doch leider sei das Projekt von Seiten 1&1 dann abgelehnt worden.

Kommentar der Telecom-Handel-Redaktion:

Es besteht noch Nachholbedarf beim Anbieter aus Montabaur, um die im Grunde loyalen Partner auch weiterhin an sich zu binden. Denn im Gespräch mit Telecom Handel äußerten sich alle Reseller grundsätzlich positiv über 1&1. So wurde hervor­gehoben, dass die Preise online dieselben seien wie im stationären Handel, und auch das Aktivierungssystem wurde lobend erwähnt. Die Angebotsstruktur bezeichnete ein Verkäufer als „sehr übersichtlich“ und die Tarife als „die derzeit fairsten auf dem Markt“. Nun ist es an 1&1, diesen immer noch vorhandenen Kredit nicht zu verspielen und auf die Belange der Reseller einzugehen.

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