01. Googles schlauer Datenschlucker: Google Home - 11.08.2017

Beim zweiten Mal geht alles leichter. Vergangenen Herbst musste ich mich noch überwinden, ein Gespräch mit dem smarten Lautsprecher Echo von Amazon zu beginnen. Mit Google Home, der nun neben meinem Fernseher steht und bunt blinkt, gehen mir die Befehle gleich viel einfacher von den Lippen.

"Ok Google, guten Tag." – "Hi, Eike. Schön, dich zu hören."

Wie Amazons Echo kommt auch Google Home etwas verspätet nach Deutschland. Ab dem heutigen Dienstag ist er für 149 Euro erhältlich. In den USA ist der Lautsprecher schon seit vergangenem November verfügbar, aber Deutsch ist bekanntlich eine schwere Sprache, und deshalb musste der Google Assistant, quasi der Kern von Google Home, noch einige Monate Nachhilfe nehmen. Vermutlich im kommenden Jahr folgt dann der HomePod von Apple. Es wird eng im smarten Haushalt.

Wie schon mit den Rauchmeldern des Tochterunternehmens Nest sowie Google WiFi hat es Google mittlerweile auf ebendiesen Haushalt abgesehen. Die Hardware soll nicht nur funktionieren, sondern auch gut aussehen zwischen dänischem Designersofa und Billy-Regal. Google Home wirkt mit seiner weißen Oberfläche, dem abgeschrägten Oberteil mit Touchoberfläche und dem abgesetzten grauen Stoffbezug dann auch etwas eleganter als der Echo-Zylinder. Kleiner ist er auch, mit einer Höhe von etwa 15 Zentimetern reiht er sich unauffällig in die Deko ein.

Keine Berechtigungen, kein Google Assistant

Bevor ich mit Google Home plaudern kann, muss ich den Lautsprecher einrichten, wofür ich drei Dinge benötige: WLAN, ein Google-Konto und die neue Google-Home-App auf dem Smartphone, die es sowohl für Android als auch iOS gibt. Nach dem ersten Anschließen erkennt die App den blinkenden Lautsprecher sofort. Der will dann das WLAN-Passwort haben, kompletten Zugriff auf mein Google-Konto und alle meine sich dort befindlichen Daten.

Richtig gelesen. Kompletten. Zugriff. Auf. Alle. Daten. Als vergleichsweise datensparsamer Mensch springe ich an diesem Punkt gefühlt zwei Meter zurück und lese mir erst einmal das Kleingedruckte durch. Und tatsächlich: Um Google Home und den Assistant zu nutzen, muss ich meinem Google-Konto erstens Zugriff auf meine Such- und App-Aktivitäten geben, also Suchanfragen und Browserverlauf. Zweitens muss ich den Zugriff auf meinen Standort erlauben. Daraus erstellt Google "eine private Karte mit Infos, wo deine Geräte sich eingeloggt haben". Um diese Karte zu erstellen, "loggt Google regelmäßig den Standort, selbst wenn kein Google Produkt genutzt wird", heißt es dort. Drittens muss ich Geräteinformationen wie meine Kontakte, meinen Kalender und Sensorinformationen teilen. Und viertens werden auch noch Sprachaktivitäten aufgezeichnet. Damit Google meine Stimme besser erkennt.

Ohne diese vier Berechtigungen funktioniert die Spracheingabe von Google Home nicht; auch nicht, wenn man sie später wieder deaktiviert. Das Gerät funktioniert dann tatsächlich nur noch als reiner Lautsprecher, um etwa über einen Chromecast Musik abzuspielen. Google geht keine Kompromisse ein: Wer Home und den Assistant nutzen will, muss sich öffnen. Das ist aus Sicht des Unternehmens verständlich. Als möglichst effektiver persönlicher Helfer will Home natürlich viel über seinen Nutzer wissen und aus dessen Verhalten lernen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wofür es die ganzen Berechtigungen braucht, wenn man ihm einfach nur ein paar Fragen stellen und Musik hören möchte. Auch Amazons Echo erfasst und teilt schließlich Konto- und Nutzerdaten mit den Servern des Unternehmens – aber längst nicht im selben Ausmaß.

Wobei gesagt werden muss: Viele Nutzer haben Google vermutlich ohnehin bereits die erwähnten Berechtigungen erteilt, denn sie gehören zu jedem Google-Konto dazu – überprüfen kann man das in den Privatsphäreeinstellungen. Und wen diese Datensammlung jetzt schon nicht gestört hat, wird wohl auch im Fall von Google Home kein Problem damit haben.

Hey Google!

Ich jedenfalls muss der Datenfreigabe erst zustimmen, bevor ich schließlich mit dem Gerät sprechen kann. Wie Echo nehmen auch die Mikrofone von Google Home ständig auf, aktiviert wird das Gerät aber erst, wenn der Befehl "Ok Google" (oder "Hey Google") gesagt wird. Ein Knopf auf der Oberseite deaktiviert die Mikrofone komplett. Die Spracherkennung funktioniert reibungslos, auch vom anderen Ende des Raumes oder wenn gleichzeitig Musik läuft. Was die Sprachausgabe angeht, empfinde ich Amazons Assistentin Alexa als etwas angenehmer, menschlicher. Der Google Assistant klingt nicht ganz so roboterhaft wie ein Navigationsgerät aus den neunziger Jahren, aber manchmal halt doch etwas zu holprig. Wobei das Jammer auf hohem Niveau ist.

Wie bislang jeder smarte Lautsprecher ist auch Home vor allem für drei Funktionen ausgelegt: Fragen beantworten, Aufgaben erledigen sowie andere Dienste und Geräte steuern.

Fangen wir mit den Fragen an. Da ich gerade in eine neue Wohnung gezogen bin, kann mir der Assistant vielleicht helfen, die neue Gegend ein bisschen besser zu erkunden. Er kennt ja schließlich meinen Standort.

"Ok Google, wo ist die nächste Bäckerei?"
"Die Adresse für Bäckerei Beumer & Lutum lautet [...]"

"Ok Google, wann hat Beumer & Lutum geöffnet?"
"Beumer & Lutum ist bis 18.30 Uhr geöffnet."


Die Antwort hat sich der Assistant natürlich einfach aus Google Maps gezogen. Clever, aber nicht wirklich beeindruckend. Ich versuche es mit anspruchsvolleren Fragen.

"Ok Google, gibt es in meiner Straße Parkraumbewirtschaftung?"
"Entschuldigung, ich bin mir nicht sicher, wie ich da helfen kann."

"Ok Google, seit wann ist Angela Merkel im Amt?"
"Bundeskanzler seit 2005"

"Ok Google, wie heißt der Kanzlerkandidat der SPD?"
"Entschuldigung, da kann ich noch nicht helfen."

"Ok Google, wo spielt Neymar?"
"Brasilien und PSG"

"Ok Google, und wie viel Ablöse hat Neymar gekostet?"
"Entschuldigung, da kann ich noch nicht helfen."



Generell habe ich das Gefühl, als könne der Assistant allgemeine Fragen etwas besser beantworten als Amazons Alexa zum Zeitpunkt des damaligen Tests. Auch mit Fragen, an denen Alexa scheiterte, wie etwa nach dem ersten Albumnamen einer Band, kommt der Assistant zumindest in einigen Fällen besser zurecht. Das ist vielleicht nicht überraschend, schließlich kann das System auf die Google-Suche zurückgreifen. Die Abfrage von Geburtsdaten, Fußballergebnissen, einfachen Übersetzungen oder enzyklopädischem Wissen funktioniert dann auch vergleichsweise gut und schon nach einem halben Tag ertappe ich mich dabei, wie ich fast beiläufig Fragen durchs Wohnzimmer rufe, anstatt sie auf dem PC oder Smartphone zu googeln. Sprache wirkt.

Einfache Verbindung mit Chromecast

Schwieriger wird es, zum Start mit Google Home tatsächlich produktiv zu sein. Der Assistant kennt zwar meinen Kalender und kann mir meine Termine vorlesen, garniert mit dem aktuellen Wetterbericht und Nachrichten einiger ausgewählter Portale. Aber dem Kalender gleich neue Termine hinzufügen? "Das kann ich leider noch nicht." (aber Produkte auf die Einkaufsliste setzen geht). Der Assistant hat Zugriff auf meine Kontakte, aber jemanden anrufen oder bloß dessen Telefonnummer durchgeben? "Das kann ich leider noch nicht." Der Assistant kann mir sagen, wie weit eine Adresse entfernt ist. Aber Weghinweise oder gar Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin? Sie ahnen es … kann er noch nicht.

Amazon hofft auf Unternehmen und Dienstleister, die sogenannte Skills für Alexa entwickeln; die Deutsche Bahn etwa hat eine Fahrplanauskunft herausgebracht. Google Home fehlt so ein interner App-Store, mit dem sich zusätzliche Funktionen laden lassen. Der Fairness halber sei gesagt, dass auch die jetzigen Skills von Alexa größtenteils sehr eingeschränkt sind.

Was Home kann, ist Entertainment. Wenn ich etwa einen Google-Music- oder Spotify-Account mit der Home-App verknüpfe, kann ich über die Spracheingabe Musik abspielen. Das funktioniert solange gut, wie die Künstler einigermaßen normale Namen haben (sorry, Datach'i und Ec8or). Auch die Klangqualität ist für einen Lautsprecher dieser Größe ordentlich. Kein High End, aber für ein bisschen Hintergrundbeschallung zum Frühstück reicht es. Wer mehrere Home-Lautsprecher hat, kann sie übrigens synchronisieren und somit in mehreren Räumen gleichzeitig Musik spielen. Um zu pausieren, kann man auch auf die Oberfläche des Lautsprechers tippen.

Auch mit Googles Streaming-Stick Chromecast funktioniert Home erwartungsgemäß gut. Chromecast wird ebenfalls über die Home-App gesteuert und wer den Stick dann mit Netflix oder einer Mediathek-App verknüpft, kann Home als Fernbedienung nutzen, wenn auch mit Einschränkungen:

"Ok Google, spiel 'Fargo' auf Netflix."
"Okay, 'Fargo' wird von Netflix auf Chromecast abgespielt."

"Ok Google, spiel die dritte Staffel von 'Fargo' auf Netflix."
"Tut mir Leid, ich kann Serien noch nicht nach Episoden abspielen."

"Ok Google, zeig mir ein Hundevideo auf YouTube."
"Okay, spiele Videos von Hunden auf Chromecast."

"Ok Google, spiel den YouTube-Kanal von Lorde."
"Okay, YouTube-Kanal von Hugh Laurie wird abgespielt."
(Na gut, fast.)


Bleibt noch die dritte Funktion: Der Lautsprecher als Steuerungszentrale für das Smart Home. Dieser Funktion hat Google ein eigenes Untermenü in der Home-App spendiert. Schließlich will das Unternehmen, wie eingangs erwähnt, eine zentrale Rolle im vernetzten Eigenheim einnehmen.

Wie das aussieht, konnte ich am Beispiel von Philips Hue ausprobieren. Das System enthält vernetzte LED-Lampen, die sich über einen kleinen Hub mit dem WLAN-Netzwerk verbinden und anschließend über die Hue-App konfiguriert werden. So kann jeder Lampe ein Raum zugewiesen werden, die Farbe und Lichtstärke kann angepasst werden und es lässt sich einstellen, dass das Licht automatisch ausgeht, wenn der Bewohner die Wohnung verlässt. Mit Google Home kommt die Sprachsteuerung dazu, denn es unterstützt Philips Hue.

So kann ich in der Home-App einfach die Hue-Lampen hinzufügen und sie Räumen zuweisen. Anschließend hört die Beleuchtung auf mein Wort. Was dazu führt, dass ich ungefähr zwanzig Minuten darauf verschwende, die Lampen in jedem Zimmer per Touchscreen in allen möglichen Farben scheinen zu lassen und mich dabei prächtig amüsiere (ein Disco-Preset gibt es unerklärlicherweise nicht.)

"Ok Google, schalte das Licht im Wohnzimmer an."
"Natürlich, Wohnzimmer wird angeschaltet."

"Ok Google, stell das Licht in der Küche blau."
"Klar, die Farbe in der Küche wird zu blau geändert."



Interessant wird es, wenn ich die Lampensteuerung noch mit eigenen Befehlen oder ganzen Aktionsketten verknüpfe. Etwa indem ich den Sprachbefehl "Ab in die Falle" in der App mit dem Befehl "Alle Lichter ausschalten" verknüpfe. Wer auch noch smarte Thermostate hat, kann diese dann auch gleich herunterdrehen. So genügt ein Sprachbefehl, damit Google die gesamte Wohnung bettfertig macht. Eine Spielerei? Sicher, aber eben auch komfortabel, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat.

Amazon Echo vs. Google Home – unentschieden

Gewöhnung ist letztlich das Stichwort. Auch wenn ich meinen Alltag problemlos weiterhin ohne sprachgesteuerten Assistenten meistern kann, erkenne ich in Geräten wie Google Home oder Amazon Echo zunehmend das Potenzial dieser Technik.

Einen Gewinner zwischen den beiden Systemen kann ich nach den kurzen Tests nicht küren. Google Home sieht besser aus, dafür hat Alexa die angenehmere Stimme. Was die Mikrofone angeht, sind beide ähnlich gut und auch der Sound ist ähnlich. Home hat bei den Suchanfragen die Nase vorn, dafür kann Amazon auf Angebote von Drittentwicklern zurückgreifen. Home hat Chromecast, Echo den Fire Stick. Als Smart-Home-Hub haben beide Potenzial, doch hier kommt es letztlich darauf daran, bestehende und künftige Geräte gut zu integrieren.

Am Ende wird Google Home wohl trotzdem keinen dauerhaften Platz neben meinem Fernseher einnehmen. Dafür sind mir der Datenhunger des Geräts und der Aufwand, einen eigenen Google-Account dafür zu erstellen und diesen dann auf meinem Smartphone zu nutzen, zu groß. Ich habe mich gerade erst daran gewöhnt, mit einem kleinen Lautsprecher zu kommunizieren. Ihm alle meine Daten zu geben, die ich in Google eigentlich deaktiviert habe, ist dann noch ein Schritt zu viel für den Moment. Deshalb bleibt leider nur der Abschied:

"Ok Google, it's not you, it's me."
"Klingt so, als ob du gerade Schluss mit mir machst. Ich dachte, es lief so gut mit uns."


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