12. Die FritzBox im Business-Einsatz - 02.06.2017

Gerade wenn es darum geht, kleinere professionell genutzte Bereiche mit WLAN zu versorgen und dort ansässige Geräte untereinander und mit dem Internet zu verbinden, greifen Administratoren häufig zu den FritzBox-DSL-Routern von AVM.

Denn vieles spricht im Umfeld von Gaststätten, Bars, Kanzleien, Praxen, Ladenlokalen und kleineren Büros für die etablierte Consumer-Technik aus Berlin. Die Geräte sind im Vergleich zu professionellem Equipment extrem preiswert und bringen dennoch zahlreiche professionelle Features und Administrationsmöglichkeiten mit. Hierzu zählen ausgereifte VPN-Fähigkeiten ebenso, wie optionale Steuerungsmöglichkeiten über Skripte und detaillierte Monitoring- und Management-Optionen der einst markant roten Geräte – Wissenswertes rund um diese Themen haben wir am Ende dieses Beitrags für Sie zusammengestellt.

Mit ihren Wurzeln tief im ISDN-Zeitalter sind die FritzBoxen für viele Anwender zudem noch heute weit mehr als WLAN-DSL-Router, repräsentieren sie doch meist gleich auch eine komplette Kommunikationsanlage mit Fax und DECT-Anschluss und erlauben vielfach sogar den Betrieb von ISDN-Telefonanlagen am S0-Bus.

Wenn es also kein Controller-gesteuertes WLAN mit zahlreichen Access Points sein muss, dann war die FritzBox schon immer eine gute Alternative. Und jetzt hat AVM über die Aktualisierung des Betriebssystems FritzOS in den Spitzenmodellen der FritzBox-Serie ein weiteres Feature hinzugefügt, das die Geräte auch für Profis noch interessanter macht: Band Steering.

Band Steering

Um WLAN-Clients, die sowohl das 2,4- als auch das 5-GHz-Band unterstützen, gezielt mit einem bestimmten Frequenzband zu verbinden, war es bisher nötig, zwei verschiedene SSIDs – also getrennte Netze – in den einzelnen Frequenzbereichen einzurichten und Clients eben nur mit dem entsprechenden Netz zu koppeln. Nur so konnte man sicherstellen, dass sich schnelle 802.11ac- und 11n-Clients auch wirklich zielsicher mit dem 5-GHz-Netz verbinden und eben bei schwächer werdenden Signalen nicht doch auf das langsame 2,4-GHz-Band wechseln.

Mit dem WLAN-Tester AirCheck G2 von Netscout lassen sich drahtlose Netzwerke im Detail sichtbar machen. Das hilft sowohl bei der optimalen Einrichtung eines WLANs als auch bei der Fehlersuche. Der AirCheck G2 beherrscht alle WLAN-Standards bis 802.11ac und dient der Redaktion für die Erstellung von Tests im WLAN-Umfeld.Technische Details zum AirCheck G2 gibt es direkt bei Netscout.Doch genau das war eben auch immer die Krux. Bewegt man sich am Rande der Funkzelle, wäre ein Wechsel in das stabilere und reichweitenstärkere 2,4-GHz-Band natürlich durchaus wünschenswert. Bei besser werdender Signalstärke sollte aber dann wieder in das 5-GHz-Band zurück gewechselt werden – was so mit herkömmlicher Technik allerdings nie oder nur sehr selten passiert. Erst das so genannte Band Steering sorgt für deutliche Veränderungen.

Legt man für das 2,4- und das 5-GHz-Netz jeweils dieselbe SSID fest und vergibt für beide Netze denselben Netzwerkschlüssel, steuert ein Band-Steering-fähiger Access Point in Abhängigkeit von der Signalqualität und der benötigten Datentransferrate eben genau diese An- oder Ummeldung in den einzelnen Frequenzbereichen automatisch. Der Client wird gezwungen, sich in dem Frequenzband anzumelden, dass der Access Point vorgibt. Ein echtes Plus für maximale Reichweiten, höchste Datenraten und bestmögliche Verteilung aller Clients auf alle verfügbaren Kanäle.

In der FritzBox sorgt Band Steering dafür, dass ein Dual-Radio-Client nahtlos von einem in das andere Frequenzband wechselt und so jeweils die beste Ankopplung an den Access Point genießt. Ein großer Vorteil auch und gerade in professionell genutzten Umgebungen. Wir haben das Feature mit der älteren FritzBox 7490 und dem aktuellen Flaggschiff 7580 getestet und waren durchweg begeistert. Selbst bei ähnlichen Feldstärkeverhältnissen im 2,4- und im 5-GHz-Band wechselten Geräte zuverlässig in das schnelle 5-GHz-Band, wenn die angeforderte Datentransferrate dies nötig machte.

Schade: Derzeit unterstützen noch nicht alle Dual-Radio-Geräte von AVM das neue Feature. Und so muss man bei einigen FritzBox-Modellen und etwa beim Repeater 1750E noch auf Band Steering verzichten. Noch in diesem Jahr sollen laut AVM aber weitere Geräte per OS-Update in den Genuss der neuen Funktion kommen.

Die FritzBox 7580 im Vergleich zur FritzBox 7490

Die FritzBox 7580 unterstützt 802.11ac in der Wave-2-Ausprägung und beherrscht daher Multi User Multiple Input / Multiple Output (MUMIMO). Die passenden Clients vorausgesetzt lassen sich damit mehrere Datenströme an mehrere Clients gleichzeitig versenden und von diesen empfangen, was den Datendurchsatz im 5-GHz-Band dramatisch steigert.

Doch auch die Reichweite der Funksignale ist bei der 7580 in beiden Frequenzen deutlich besser als bei der älteren 7490. In unserem Testnetz, bei dem wir die Feldstärken der Funksignale beider FritzBoxen unter identischen Umgebungsbedingungen und an diversen Messpunkten miteinander verglichen haben, erzielte die neue 7580 im Durchschnitt eine um 9 dB höhere Signalstärke bei einem rund 10 dB bessern Signal-Rausch-Verhältnis. Das ist deutlich und macht sich in spürbar besserer Ausleuchtung bemerkbar.

Ebenfalls positiv im Vergleich zur 7490 fällt bei der 7580 auf, dass die neue Box nun über einen separaten WAN-Anschluss verfügt. Dies macht sich zwar nur positiv bemerkbar, wenn man die FritzBox als separaten Access Point via LAN-Bridge-Modus an ein bestehendes Netz ankoppelt oder zur Ankopplung an das Internet ein separates DSL- Kabel- oder Glasfasermodem verwendet, ist dann aber um so angenehmer. Denn in diesen Modul benötigt man bei der FritzBox 7490 noch einen der vier LAN-Ports zum Anschluss der Box an das bestehende Netz bzw. an das externe Modem; in der 7580 kann man diesen Uplink über den WAN-Port herstellen und verfügt damit auch in diesen Modi über vier Gigabit-LAN-Ports.

Ansonsten ist die Ausstattung der 7580 größtenteils identisch zur 7490. Das edle, jetzt weiße Design hebt die neue Box jedoch sehr positiv aus dem bisher roten FritzBox-Einerlei hervor. Allerdings ist die Wandbefestigung der 7580 sehr gewöhnungsbedürftig und dürfte im professionellen Einsatz eher unangenehm auffallen. Die neue Box wird nämlich nicht einfach direkt, sondern über einen Adapter an der Wand befestigt, was der FritzBox einen gewissen Abstand zur Wand gibt und die Kabelführung erschwert.

Die Nachteile und Problemfelder im Überblick

Klar, die FritzBox ist als reines Consumer-Gerät konzipiert und viele der nun folgenden „Mängel“ können in diesem Umfeld eigentlich nicht als solche geltend gemacht werden, denn kaum ein Heim-User wird sie je bemerken. Dennoch wäre es auch im Heim-Umfeld beispielsweise wünschenswert, wenn die AVM-Produkte Seamless Roaming unterstützen würden. Denn, beherrschen auch die Clients dieses durch die Kombination der Standards 802.11k, 802.11v und 802.11r mögliche Feature, klappt auch der Wechsel zu einer anderen Funkzelle desselben Netzwerks problemlos. Dies ist zwar nur für Installationen interessant, in denen neben der Hauptbox auch ein oder mehrere Repeater oder Access Points zur Vergrößerung des Netzbereichs zum Einsatz kommen, dort aber ganz besonders!

Denn nicht selten bleibt ein Client ohne dieses Feature bei seiner Bewegung durch den Netzbereich übertrieben lange am DSL-Router kleben, obwohl die Feldstärke des Signals von einem zugehörigen Repeater oder AP bereits deutlich besser wäre. Mit Seamless Roaming steuern DSL-Router und AP im Dialog mit dem Client den optimalen Wechsel zwischen den Funkstationen – ein nahtloses Roaming wird damit möglich.

Bisher war auch dieses Feature Kennzeichen von professionellem WLAN-Equipment, doch auch mehr und mehr Consumer-Produkte werben nun mit Seamless Roaming. Höchste Zeit für AVM, auf diesen Zug aufzuspringen.

Das vermisst der Admin

Gerade aufgrund ihrer breit angelegten und nützlichen Monitoring- und Diagnose-Tools sind AVM-Geräte auch bei Profis beliebt. Doch einige Basis-Probleme bereiten genau dieser Zielgruppe dann unnötig Schwierigkeiten.

So wirft beispielsweise das Arbeiten mit fest vergebenen IP-Adressen auch in der aktuellsten FritzOS-Version 6.83 enorme Probleme auf. Um etwa einem Gerät mit fest zugewiesener IP-Adresse eine neue/andere IP-Adresse fest zuzuweisen, muss erst der Haken der bestehenden festen Adresszuweisung aus der zugehörigen Checkbox entfernt werden. Dann muss das Gerät vom Netz getrennt und der dann entsprechend als inaktiv gekennzeichnete Eintrag in der Netzliste gelöscht werden. Danach kann das Gerät neu mit dem Netz verbunden und im Dialogfeld eine neue feste IP-Adresse zugewiesen werden. Ein erneutes Trennen und Verbinden des Geräts führt dann zur dauerhaften Zuweisung der korrekten Adresse.

Ganz kompliziert wird es, wenn man auf ein neues FritzBox-Modell wechselt und dafür alle Einstellungen aus dem alten Modell in die neue Box überträgt. An sich funktioniert das Speichern und erneute Laden der Firmware-Settings tadellos. Als einzigen Punkt könnte man hier kritisieren, dass im Anschluss an die Datenübernahme keine Kennzeichnung derjenigen Stellen erfolgt, an denen aufgrund von Hardware-Inkompatibilitäten Einstellungen nicht übernommen werden konnten.

Doch wehe, es waren bereits in der alten Box Geräte mit fest vergebener IP-Adresse vorhanden. Zwar werden laut Auskunft von AVM fest vergebene IP-Adressen gar nicht in eine neue Box übernommen, doch so ganz stimmt das nicht. Denn übernommen wird schon etwas, nur eben relativ undefiniert. Dies führt dazu, dass alle Geräte in der neuen Box neue IP-Adressen erhalten und diese allesamt als flexible Adressen vergeben werden. Im Hintergrund sind jedoch alle zuvor fest vergebenen IP-Adressen noch geblockt oder mit dem entsprechenden Flag versehen. Deutlich wird das dann, wenn man zum Beispiel einem Drucker oder NAS-Drive die bereits von der alten Box vergebene Adresse in der neuen Box erneut vergeben will. Denn beim Ändern der IP-Adresse im Eigenschafts-Dialog des Geräts poppt der Haken in der Checkbox „diesem Gerät immer dieselbe Adresse zuweisen“ umgehend dann auf, wenn man die bestehende Adresse in die gewünschte Adresse ändert. Ein Speichern ist dann nicht möglich und nur mit viel Trial-and-Error lässt sich das Dilemma in mühevoller Kleinarbeit beheben.

Dass das Abfangen so ausgefallene Profi-Szenarien bei AVM nicht ganz oben auf der To-Do-Liste steht, ist klar. Aber dennoch wäre es natürlich wünschenswert, wenn AVM auch hier seinem extrem guten Ruf gerecht werden und nachbessern würde.

Wunschzettel

Zu guter Letzt hätten wir noch einen Wunsch an die AVM-Entwickler. Kaum ein WLAN-Device macht so ausgefuchste Umgebungs-Scans, um den jeweils besten Kanal für das eigene Netz zu finden, wie die Geräte von AVM. Ist kein WLAN-Gerät angemeldet – und die AVM-Geräte melden ungenutzte WLAN-Clients rigoros ab, um Energie zu sparen – wechseln FritzBoxen und Repeater auch mehrmals am Tag ihre Kanal-Settings, um optimale Übertragungsmöglichkeiten zu schaffen.

Allerdings werden diese Auto-Settings nicht auf andere AVM-Geräte im Netz abgestimmt. Toll wäre es, wenn zukünftige AVM-Geräte nicht nur in Abhängigkeit der Umgebung, sondern eben auch in Abhängigkeit und in Abstimmung mit AVM-Repeatern und AVM-Access-Points desselben Netzes eine optimale Kanaleinstellung für alle Devices eines Netzes treffen könnten. Damit würden die Kanäle benachbarter Zellen immer möglichst weit auseinander liegen. Heute kann es passieren, dass die FritzBox im Automatik-Betrieb die selben Funkkanäle auswählt, wie der Access Point des gleichen Netzes, nur weil dies in isolierter Betrachtung sinnvoll erscheint. Dies mag für die Umgebung allgemein auch stimmen, für das eigene Netz ist es die denkbar schlechteste Alternative. Bis es so weit ist, bleibt nur die Möglichkeit der manuellen Kanaleinstellung, selbst wenn diese dann auch bei veränderten Umgebungsbedingungen starr bleibt.

Fazit

Für Heimanwender waren AVM-Produkte schon immer eine kostspielige aber auch unerreicht gute Wahl. Das sind sie immer noch, wenngleich es mittlerweile doch Features wie etwa Seamless Roaming bei der Konkurrenz gibt, die man bei AVM (noch) vergeblich sucht. Uneingeschränkt empfehlenswert – zumindest im direkten Vergleich zu älteren FritzBox-Modellen – ist auch das neue Flaggschiff FritzBox 7580. Eine tolle Ausstattung auf technisch hohem Niveau und eine durchweg bessere Reichweite machen das Upgrade vom einstigen Topmodell 7490 auf den jetzt neuen Spitzen-Router durchaus attraktiv.

Noch attraktiver für die professionelle Nutzung könnte AVM seine Produkte machen, wenn man hin und wieder die Möglichkeiten des FritzOS unter Admin-Gesichtspunkten durchgehen und Fehler und Probleme aus diesen Anwendungsbereichen beseitigen würde.

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